Geschichtliches

Modelle

Technisches

Sportliches

Links zum Thema

 
ZN-Buechse

Technik und Aufbau historischer ZN-Papierpatronen

Neben der Erfindung des Zylinderverschlusses, war die Erfindung und Verwendung der Einheitspatrone (Pulverladung, Treibspiegel, Geschoß und (!) Zündsatz) die Leistung von Nikolaus von Dreyse. Als Geschoß verwendete er am Anfang Rundkugeln. Zusätzlich zu der Einheitspatrone führte er eine weitere Neuerung in die Waffentechnik ein, die in vergleichbarer Weise heute noch bei den KE-Geschossen moderner Panzerkanonen verwendet wird; Das unterkalibrige Geschoß wird mit Hilfe eines aus Pappe hergestellten Treibspiegel in einem Lauf mit größerem Kaliber geführt. So wie Dreyse den Treibspiegel verwendete, hatte er folgende Funktion:

  • Aufnahme der empfindlichen Zündpille und Schutz vor mechanischen und chemischen Einflüssen.
  • Regelierung des Pulverabbrands und gleichmäßige Übertragung der Kräfte auf das Geschoß.
  • Führung des Geschosses in den Zügen statt anderer Methoden wie Kompression oder Expansion.
  • Reinigung des Laufs von den Rückständen des vorhergehenden Schusses.
Für die Herstellung der Treibspiegel aus gepresster Pappe konstruierte Dreyse spezielle Werkzeugmaschinen. Angesichts der Erfolge der Langbleigeschosse bei den Systemen Thouvenin und Minié konstruierte Dreyse eine Art "Bolzengeschoß" mit nahzu halbkugelförmiger Basis - damit das Geschoß in die Ausbuchtung des Treibspiegel passt. Die Papierpatrone mit der ersten Langgeschossform wurden von der Dreyseschen Munitionsfabriken ab 1847 produziert. Die Patronen mit dem Spitzen- oder Bolzen-Geschoß genügte aber schon bald nicht mehr den ballistischen Anforderungen im Vergleich zu den gezogenen Vorderladersystemen.
Deshalb wurde auf Grund aerodynamischer Erkenntnisse, oder besser Vermutungen, das tropfenartige Geschoß realisiert. Das berühmte preussische Langblei wurde am 6. Dezember 1855 per Ordre als neue Patrone M/55 eingeführt. In der Ordre hieß es bezüglich der Geschoßform blumig: "der Brust des die Luft durchschneidenden Vogels und dem Rumpfe des die Wellen durchfurchenden Schiffes". Da der Schwerpunkt des Geschosse weitgehend in der Mitte lag, war es selbst bei mangelhafter Führung durch den Spiegel, recht unempfindlich gegen Kippen oder Taumeln. Man hat auch versucht beim Geschoßmaterial statt Blei Eisen einzusetzen. Versuche hatten zudem ergeben, daß dadurch die Durchschlagskraft erhöht werden konnte. Bleigeschosse setzen die Auftreffenergie beim Aufprall auf harte Ziele eher in Verformung um. Allerdings rosteten die Eisengeschosse bei der Lagerung in den feuchten Kassematten von Spandau an den Treibspiegeln fest, sodaß eine Trennung der Geschosse vom Treibspiegel nach dem Verlassen des Laufs nicht mehr gewährleistet war. Deshalb verwarf man den Plan und kehrte zu dem Bleigeschossen zurück. Mit der Einheitspatrone Modell 1855 bestand das Dreyse-Zündnadelgewehr die Feuerproben 1864, 1866 und 1870/71.
Vor dem Ausbruch des deutsch-französischen Konflikts 1870/71 war abermals eine Verbesserung der Zündnadelpatrone vorgesehen. Diese Verbesserung stand im Zusammenhand mit der sogenannten "Beck'schen Aptierung", die eine beträchtliche Verbesserung der Gasdichtigkeit des Dreysesystems zur Folge hatte. Die neue Patrone (n/A) von 1872 enthielt ein erleichtertes, verkleinertes Langblei und einen verstärkten Patronenboden. Dieser Patronenboden bestand aus zwei Lagen Papier mit einem gefetteten Leinenscheibchen mit kreuzförmigen Einschnitt in der Mitte. Das Fett sollte die Zündnadel reinigen und kühlen. Da die Pulverladung unverändert geblieben ist, aber das Geschoss leichter war, erzielte man eine höhere Anfangsgeschwindigkeit und bessere Ballistik. Wenngleich die Munition zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf der Höhe der ballistischen Entwicklung war.
geschosse
Die Abbildung zeigt verschiedene, nachgefertigte Treibspiegel samt Geschosse für die verschiedenen Entwicklungsstufen: a) Modell 41 b) Modell 47 c) Modell 55 d) Modell n/A und e) ein Treibspiegel für die Platzpatrone.
(Das Bild wurde bereitgestellt und die abgebildeten Geschosse und Treibspiegel wurden gefertigt durch Guy und Leonard A-R West)
geschosse

Die gleiche Zusammenstellung von originalgetreu gefertigten Zündnadelpapierpatronen (inkl. Schnittdarstellung) auf einer Schautafel von Erich May.

Die folgende Tabelle stellt in der Literatur (siehe auch Literaturliste) beschriebenen Daten der verschiedenen Zündnadelpatronen gegenüber:

PapierpatroneDreyse
1855
Dreyse n/A
1872
Kurhessisch
1851
Dreyse
Karabiner
Pistole
1855
Wallbüchse
1865
ChassepotCarcano
Geschoßkaliber (mm)13,6121113,613,620,711,618
Geschoßlänge (mm)2724,6-2720,95325-
Geschoßgewicht (g)313116,63131,310018-
Spiegelkaliber (mm)16,216,2-16,216,523,5-18
Spiegellänge (mm)20,520,5-20,5----
Spiegelausbuchtungs-
tiefe (mm)
1414------
Pulverladung (g)4,94,94,53,94,8255,74,5
Patronengewicht (g)38,530,7---1402543,8
v0 (m/)300350--296-436-
Gesamtlänge (mm)6156-54-11668-

"-" keine Angabe in den Literaturstellen.
papierpatrone4
Die Abbildung zeigt originale Zündnadelpapierpatronen mit gewöhnlichem und erleichtertem Langblei. Die ältere Form ist an dem glatten Boden der Papierhülse erkennbar (Mitte). Bei der Papierpatrone der Beckschen Aptierung erkennt man den eingeklebten "doppelten Boden".
geschosse

Aufbau und Komponenten einer originalgetreu gefertigten Zündnadelpapierpatrone M/55 auf einer Schautafel.
geschosse

Die Abbildung zeigt eine originalgetreu, nach der Vorschrift, nachgefertigtes Päckchen aus Papier (hier für Zündnadel-Karabiner-Papierpatronen) wie sie damals zur Verpackung verwendet wurden. Die beiden abgebildeten Schautafeln und das Päckchen für Papierpatronen wurden von Erich May angefertigt und dem Historisch-technisches Museum im Dreyse-Haus zu Sömmerda gestiftet (mir wurden dankenswerterweise die Bilder zur Verfügung gestellt hat). In dem Museum sind sie auch zu besichtigen (vielleicht im Zusammenhang mit einem Besuch an einem der beiden Treffen der Zündnadel-Enthusiasten im Frühjahr und im Herbst).
papierpatrone5
Wallbüchsen sind infanteristische Waffen des Festungskrieges, die als lange, schwere, großkalibrige Gewehre, für einen zielsicheren Weitschuß geeignet sind. Diese Waffen waren so ausgelegt, daß man auf relativ weite Entfernung aufgelegt auf den Festungswall oder den Laufgräben auf wichtige Einzelziele mit großer Durchschlagskraft schießen konnte. Dazu waren sie entsprechend groß und schwer. Auch Dreyse konstruierte und baute entsprechende Gewehre. Als Munition wurden Papierpatronen benutzt, deren Ausmaße entsprechend angepasst waren und deren Zündung in den Patronenboden verlegt war. Die Abbildung zeigt die Papierpatrone mit zentraler Bodenzündung zur Zündnadelwallbüchse M/65.
papierpatrone6
In der Mitte der 1850er Jahre hat Dreyse, im Auftrag des Kriegsministeriums, ein kleines Geschütz für den infanteristischen Einsatz konstruiert und gebaut. Es handelte sich um Defensions-Zündnadelstandbüchsen auf Radlafetten im Kaliber 34,6 mm , die dann in Festungen ihren Dienst taten. Bei der Munition (siehe Abbildung) handelt es sich um eine entsprechend vergrößerte Papierpatrone, mit zentraler Bodenzündung.
papierpatrone7
Der Büchsenmacher Joseph Carl Doersch hatte das Zündnadel-Prinzip während seiner Tätigkeit in der Waffenfabrik von Dreyse kennengelernt und später einen eigenen verbesserten Verschluß entwickelt, der nurmehr die Zündnadel als Gemeinsamkeit mit dem Dreysesystem hatte. Ein kompakter Verschlußzylinder trägt zwei symmetrische, kräftige Verriegelungswarzen und am Ende einen Kammergriff. Ein in Stufen abgesetzter Verschlußkopf dringt in das Ende des Laufs ein, wo er ein entsprechend geformtes Lager hat. Doersch & v. Baumgarten hatten für ihre Waffen eine besondere Patrone mit einem Spitzgeschoß entwickelt. Die Zündpille sitzt unmittelbar in der Höhlung des Geschoßbodens. Ein Zündspiegel aus Pappe war nicht vorgesehen. Gewehre des Systems Doersch & v. Baumgarten wurden in dem kleinen Herzogtum Schaumburg-Lippe eingeführt. Dort entschied man sich aber aus politischen Gründen jedoch für das preussische Langblei.
papierpatrone8
Für sein Zündnadelgewehr, das vom System her dem von Dörsch & Baumgarten ähnelte, konstruiert Carcano eine spezielle Einheitspatrone. Diese Einheitspatrone bestand aus einer Papierhülse mit Boden aus starkem Papier. Auf dem Boden war ein mit Kreuzschnitt versehenes eingefettetes Tuchscheibchen sowie eine Scheibe aus Kautschuk eingesetzt. Die Zündpille saß im Boden eines flachen Spiegels.
papierpatrone8
Für das russische Zündnadel-Infanteriegewehr System Carlé wurde eine Papierpatrone entwickelt, die ähnlich wie die Papierpatrone des Systems Chassepot aufgebaut war. Das Gewicht der Patrone betrug 43,2 g, wovon 5 g auf die Pulverladung entfiel.

Sollte jemand weitere Informationen haben, würde ich mich über Hinweise und einen Kontakt freuen.



Nach oben Home

Hier finden Sie mein Impressum

© 2004 2005